Während meiner Aufenthalte in Japan kam ich immer wieder in Berührung mit japanischem Tee und der japanischen Teekultur. Auch Zuhause in Deutschland ist er weiterhin fester Bestandteil meines Alltags geblieben. Besonders gerne trinke ich Genmaicha, Hôjicha und Matcha, wobei Letzterer mir auch in Backwaren und Desserts immer wieder große Freude bereitet. Eines lässt sich mit Sicherheit sagen: Japanischer Tee ist ein sehr wohlschmeckendes Getränk mit äußerst gesunden Inhaltsstoffen. Er ist aber noch viel mehr als das. Auf zwei Aspekte, die ich darüber hinaus mit japanischem Tee verbinde und die mir persönlich am Herzen liegen, möchte ich in Folgendem näher eingehen.
Tee bringt Ruhe und Kraft
… und mitunter sogar die Lösung für so manches Problem. In unserer hektischen Welt, in der wir oft von einem Termin zum nächsten hetzen und viele Informationen gleichzeitig verarbeiten müssen, kann der bewusste Genuss einer Tasse Tee Raum für Achtsamkeit schaffen und eine erholsame Wirkung auf Körper und Geist haben. Dies beginnt für mich bereits bei der Zubereitung: Welche Farbe und Form haben die Teeblätter? Wie duften sie? Wie fühlen sich die Teeutensilien an? Auch das anschließende Teetrinken versuche ich mit allen fünf Sinnen zu genießen, um so mit jedem Schluck ein bisschen mehr innere Ruhe zu finden. Diese kleine Auszeit schenkt mir im Alltag neue Kraft und manchmal sogar eine neue Perspektive auf ein noch ungelöstes Problem.
Tee verbindet
Tee kann sowohl eine Brücke zwischen einzelnen Menschen als auch zwischen verschiedenen Kulturen sein. Er ist eine globale Sprache, die auch ohne Worte verstanden wird. Wie wenige Worte Tee braucht, konnte ich selbst bei meiner ersten Reise nach Japan erfahren, als mich die Schwiegereltern einer guten japanischen Bekannten für zwei Wochen bei sich aufnahmen. Ich verstand kein Japanisch und das ältere japanische Ehepaar kein Englisch. Wir tranken aber oft gemeinsam Grünen Tee und zeigten uns dabei Fotos. Ich fühlte mich wohl und willkommen und trotz der sprachlichen Barriere konnten wir eine herzliche Verbindung zueinander aufbauen, die bis heute besteht. Tee vermag es, eine warme und einladende Atmosphäre zu schaffen, in der sich Menschen einander öffnen können.
Japanischer Tee ist für mich daher nicht nur ein köstliches Getränk, sondern steht für eine achtsame und offene Haltung gegenüber dem Leben und anderen Menschen. Ist es nicht gerade diese Haltung, die wir in unserer modernen Gesellschaft brauchen? Ich wünsche mir jedenfalls, dass noch mehr Menschen bei einer Tasse Tee zu sich und zueinander finden.
Corinna Knöll
lebte bereits in Japan, studiert Japanologie und arbeitet in der universitären Schreibberatung